fan-vinyl.de
LowSwing – „Die reine Lehre“ der zweite computerfreie Streich
​
Reema – „Memories Fade To Tape“; 2020
Nach dem ersten Teil „Die reine Lehre“ mit den LowSwing Veröffentlichungen 001 bis 003 und der im 7. Teil „Musik in und aus der großen Stadt“ vorgestellten LowSwing 004 liegt nun seit kurzem LowSwing 006 in zwei unterschiedlichen Fertigungsvarianten auf meinem Plattenteller.
Bevor ich mich dem Projekt „In Light“ von Alon Lotringer und Guy Sternberg umfangreich widme, möchte ich die von mir vielleicht zu Unrecht unberücksichtigte zweite Veröffentlichung von Reema „Memories Fade To Trade“ LOSW 005 vorstellen.
Als die Scheibe die ersten Runden drehte, hatte ich so meine Probleme mit einigen Passagen der Aufnahmen, die mich etwas irritierten. So gibt es auf Seite A, Instrumenten- und Gesangspassagen die meinem Ohr nicht vollends schmeichelten. Ich besprach das mit Guy Sternberg, der meine Einwände nicht nachvollziehen konnte. Die Jungs im Vinylquartett hatten jedoch auch den Eindruck, als wenn Teile der Aufnahme unsauber tönten. Nun gut sei es wie es sei. Guy Sternberg sandte mir im Austausch ein weiteres Exemplar der Scheibe, jedoch stellte sich der gleiche Eindruck ein.
Etwas irritieren mich die besagte Passagen auch heute noch, jedoch bei weitem nicht mehr so stark. Was ist passiert? Musikanlage, Geräte und Verkabelung haben sich verändert. Was doch Dinge wie Übertrager, Kabel der Inakustik AIR Reihe von Nordost und auch Nordost Q-Points alles bewirken können. „Wahnsinn“!
Also mit Abstand und in aller Ruhe betrachtet und mit der Einsicht das es die „perfekte“ Produktion/ Pressung nicht wirklich gibt, kann ich in der Gesamtschau nur meiner Begeisterung für die Musik und Klang der zweiten LP von Reema auf LowSwing Ausdruck verleihen.
Zur klanglichen Bewertung habe ich noch einmal Reemas LowSwing Produktion „The LowSwing Sessions“ LOSW 002 aufgelegt. Und da ist sie wieder die Überlegenheit der höheren Abspielgeschwindigkeit. Die auf 45 rpm laufende Produktion breitet einen weiten und tiefen Klangraum zwischen den Lautsprechen aus. „Faszination pur“. An diese überragend natürliche Abbildung kommt „Memories Fade To Tape“ nicht ganz heran. Die Stimme Reemas und auch die Abbildung der Instrumente wirkt in einigen Passagen ein kleinwenig angestrengter im Vergleich zu LOSW 002.
Was Reema mit der Covergestaltung für LOSW 002 begonnen hat, führt sie grandios mit LOSW 005 fort. Die charmante Gestaltung der Innenhülle der LOSW 002 wird auf dem Cover der LOSW 005 fortgeführt und ist noch detailverliebter geworden, gefällt mir sehr gut.

Platteninformationen: Veröffentlichung 2020
Musik und Text – Reema; Produktion, Aufnahme, Mix und Arrangement von Guy Sternberg auf einem analog Band im LowSwing Studio Berlin
Lackschnitt in den Emil Berliner Studios Berlin
Covergestaltung von Reema
Label: LowSwing LOSW 005, 180 g
Genre: Folk-Pop / Singer-Songwriter
Preis: 27,- €
Musik: 2; Klang 1-2; Fertigung: 2
Alon Lotringer – „In Light“; 2021,
One-Step-Pressung
Alon Lotringer ist ein in Israel bekannter, versierter Songwriter und Produzent. Sein genreübergreifendes, raffiniertes Songwriting sorgte für hohe Würdigung bei den Kritikern in seiner Heimat. Und das wird beim ersten Umlauf des Albums verständlich. Die ruhigen und interessant instrumentierten Titel nehmen einen unmittelbar in den Arm. Schön, die angenehme weiche Stimme von Lotringer. Die Musik kann man keiner Stilrichtung genau zuordnen, ein wenig Folk, ein wenig Blues vielleicht und viel im Stil von Singer-Songwritern. Die musikalisch und klanglich überzeugende Produktion wird wesentlich durch die überragende Qualität der Studiomusiker mitgetragen. Bei der Produktion waren für LowSwing und Guy Sternberg neben dem Multiinstrumentalisten Lotringer auch Greg Cohen – Akustik Bass (Tom Waits, Lou Reed, Ornette Coleman, Bob Dylan), Earl Harvin – Schlagzeug (Zunder, Luft, The, Jeff Beck), Thomas Moked Blum – Elektrische Gitarre, Viola (Fink, Patricia Kaas) und für den Background Gesang Lianne Hall und weitere tätig. Die Titel wurden zum größten Teil im Jahr 2020 von Lotringer geschrieben und im Wesentlichen am 28. Oktober 2020 live im LowSwing Studio aufgenommen. Das Gatefold-Cover ist mit Fotos der Aufnahmesession illustriert. Ergänzt wird das Album durch ein Beiblatt mit den Songtexten und Informationen zum Herstellungsprozess. Dabei wird die grundsätzliche Arbeitsweise und Philosophie von LowSwing Records aber auch Spezialitäten dieser besonderen Produktion sehr informativ erläutert. Das Besondere dieser Produktion ist die Herausgabe von zwei sich in der Produktion des Vinyls unterscheidende Ausgaben.
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
So gibt es die auf dem gleichen Analogmaster basierende Basisversion, gepresst im üblichen Three-Step Produktionsprozess bei Pallas in Deutschland,zu einem Preis von 27,- €. Die aufwendigere Produktion mit derKontrolle der Lackfolie mit dem Laufwerk Brinkmann Bardo undder Vinylproduktion im One-Step-Verfahren bei Nordsø Records in Dänemark für 50,- €. Von so etwas habe ich bis dato nicht gehört.
Eine weitere Besonderheit ist die bewusste Abkehr von der oft für überlegen gehaltenen 180g Vinylpressung. In diesem Fall wird auf140g Vinyl gepresst. Auf dem Beiblatt wird dies wie folgt erklärt.
Es gibt renommierte Stellen, die der Auffassung sind, 180 oder 200 Gramm Schallplatten klingen oft nicht so gut wie die dünneren.Nach Helmut Brinkmann liegt das an der hohen Vinylmasse.
Da es sich um einen weichen Kunststoff handelt, reagiert das Material durch Resonanzen beim Abtastvorgang durch den Diamanten.
So gut die aufgenommene Musik auch klingen mag, der „Plastik Klang“ von Vinyl tut dies nicht.
Die Musik wird durch diese Resonanzen gestört. Eine dickere Pressung kann steifer sein als eine dünnere, die Resonanzen sind aufgrund der hohen Masse des Materials stärker. Die Abtastnadel wird auf einige G Schwerkraft beschleunigt und das verursacht Rückkraftresonanzen im Vinylmaterial. Je mehr Vinyl unter der Nadel ist, desto größere Resonanzen können entstehen. So viel zur Theorie!
In der Konsequenz hat man sich für die Produktion auf 140g Vinyl entschieden. Da es keine Vergleichsmöglichkeit gibt, kann man das glauben, aber muss man das auch? Ich weiß es nicht. Wäre dann nicht eine 120g Pressung noch konsequenter gewesen? Oder würden dann die Rillenmodulationen von Seite A auf Seite B Störungen verursachen? Fragen über Fragen?
Dagegen leuchtet der One-Step Prozess der Vinylfertigung ein. Um es gleich vorwegzunehmen, das macht sich klanglich deutlich bemerkbar. Was wurde hier gemacht?!
Das Album wurde nach der Aufzeichnung im LowSwing Studio in den Emil Berliner Studios in Berlin auf einer Neumann VMS 80 Schneidemaschine mit einem SX 74 Schneidkopf und einem Ortofon Amp GO741 Cutting Amp lackiert. Das Band wurde von einem Studer A80-Bandgerät über eine Neumann-Mastering-Konsole wiedergegeben.
Die Beschichtung ist normalerweise ein "dreistufiger" Prozess, bei dem eine Lackfolie geschnitten und dann plattiert wird, um ein geriffeltes Metallteil herzustellen. Das wird als "Vater" bezeichnet. Der „Vater“ wird dann erneut plattiert, um eine so genannte gerillte „Mutter“ zu erzeugen. Die Mutter wird dann erneut plattiert, um einen Pressstempel zu erzeugen, der dann tatsächlich die Vinylpressung vornimmt. Das Plattieren ist ein verlustbehafteter Prozess und daher wurde für die limitierte Ausgabe ein einstufiger Plattierungsprozess verwendet.
Um eine einstufige Beschichtung zu erreichen, wird direkt mit dem „Vater“ gepresst, wodurch zwei der drei Schritte entfallen. Da man nur eine begrenzte Anzahl von Pressungen von einem Vater verstellen kann, mussten mehrere Lackschnitte hergestellt werden. Aus diesem Grund ist die aufwendige Ausgabe von „In Light“ auf 500 Exemplare limitiert.
Hat sich der Aufwand gelohnt? Eindeutig ja! Der Zugewinn an Natürlichkeit, Klarheit und Raumeindruck ist sehr deutlich. Beim Wechsel auf die „Normalversion“, die auch bereits sehr gut klingt, hat man den Eindruck, dass den Musikern etwa der Spaß an der Sache abgegangen ist. Es ist echt verrückt. Wer also die 50,- € Anschaffung nicht scheut, hat eindeutig mehr Freude beim Hören des großartigen Albums von Alon Lotringer. Da gibt es keine zwei Meinungen. Das wird auch aus dem Kreis des Vinylquartetts so gesehen, ohne Zweifel.
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​
​


Platteninformationen: Veröffentlichung 2021
Musik und Text – Alon Lotringer; Produktion, Aufnahme, Mix von Guy Sternberg und Alon Lotringer, Aufnahme und Mix auf einem analog Band im LowSwing Studio Berlin
Lackschnitt in den Emil Berliner Studios Berlin,
Abhörung der Lackfolie auf einem Brinkmann Bardo zur Qualitätskontrolle,
Label: LowSwing LOSW 006, 140 g
Genre: Genre-Mix
Preis: 50,- € für die Nordsø Records Version – limitiert und 27,- € für die Standardversion
Musik: 1-2; Klang 1; Fertigung: 1-2
